23.08.2010

Frei Schnauze ist nicht mehr!

Herr Anonym hat mich auf eine Idee gebracht. Wobei Idee das falsche Wort ist, er oder sie hat mich mehr auf ein bisher unausgereiftes, unbeschriebenes Thema in meinem Kopf aufmerksam gemacht.



Ich habe schon mal darüber geschrieben, dass ich kreative Schimpfwörter toll finde. Was ich hingegen nicht so toll finde, ist die „Verschimpfwortung“ oder Tabuisierung von gewissen Wörtern.


Das Phänomen ist nicht neu. Irgendwas wird zu Anfangszeiten als `Hürx` bezeichnet und nur wenige Leute benutzen das Wort in einem ganz bestimmten Kontext. Dann benutzen immer mehr und mehr Leute dieses Wort, worauf es meistens seine detaillierte Bedeutung eigentlich verliert. Das Wort wird sozusagen verallgemeinert.
Ein paar Jahre später kommen dann irgendwelche Ethnologen oder Sprachwissenschaftler und deuten mit ihrem ausgestreckten Zeigefinger auf die „wahre Herkunft“ des Wortes. Das Resultat davon ist dann meist die Verbietung oder Neuschaffung des Wortes.


Es kann natürlich auch passieren, dass ein harmloses Wort mit irgendwelchen Ereignissen in Verbindung gebracht wird oder es von grösseren Gruppierungen in einem neuen Kontext genutzt wird und man es deshalb nicht mehr sagen mag.
Wenn ich jetzt weiter darüber nachdenken würde, täten mir bestimmt noch mehr Gründe einfallen, weshalb man bestimmte Dinge nicht mehr sagen darf, aber ich will mich nicht in irgendwelche Wissenschaftliche Theorien stürzen.


Dass mit diesem ganzen Verbieten und Tabuisieren von Ausdrücken das eigentliche Problem nicht gelöst, sondern nur verschoben und verdrängt wird ist eine ganz andere Geschichte.


Ich persönlich finds einfach nur doof, wenn gewisse Worte diskriminiert, ja geradezu beschimpft werden. Worte haben auch ein Existenzrecht! Je grösser unser Wortschatz ist, desto besser können wir uns ausdrücken und mir als bekennender Wortfan tut es in der Seele weh, wenn man beim Sprechen oder Schreiben immer aufpassen muss, welche Worte man wählt.


Wenn ich einen Schwarzen beschimpfen will, bezeichne ich ihn als „verdammts huere Arschloch“ und nicht als Neger.
Wenn ich mich mit einem Inuit um einen weggefangenen Fisch streiten will, würde ich ihm zwar ordentlich die Meinung geigen, aber wohl kaum auf die Idee kommen ihn als „schiss Eskimo“ zu bezeichnen.
Was der Unterschied zwischen einem Roma und einem Zigeuner ist, weiss ich schon gar nicht, was die Benutzung als Schimpfwort gegenüber der Gruppierung sowieso unmöglich macht.


Ich könnte doch auch all die Politiker, mit derer Meinung ich nix anfangen kann in einen Topf schmeissen und sie als Pröppels bezeichnen und kein Mensch würde auf die Idee kommen mir das Wort zu verbieten. Bis zu dem Tag, an dem es alle benutzen und die Politiker am Rednerpult mit Steinen auf denen Pröppel steht beworfen werden.


Versteht ihr worauf ich hinaus will?


Ich möchte die Dinge doch nur gerne so bezeichnen, wie ich sie sehe. Ein Starkpigmentierter ist in meinen Augen halt schwarz und das Wort Neger leitet sich von nichts anderem ab, als vom lateinischen niger, was nun mal so viel wie schwarz bedeutet. Wenn es schon extra ein Wort für diese Gattung von Mensch gibt, wieso soll man es nicht benutzen? Wieso ein bescheuertes, ausgedeutschtes und vor allem verklemmtes Wort dafür einsetzen, wo dann doch jeder für sich „Ah sie meint Neger“ denkt?


Ich kenne die Gründe für die meisten Wortverbote noch nicht mal, weshalb werde ich dann mit dem laut aussprechen von ebendiesen beschuldigt jemanden oder etwas beleidigt zu haben?
Und mal ganz ehrlich, kennt und versteht ihr all die Gründe, weshalb man ein Wort jetzt sagt oder nicht? Nennt mir einen Grund, weshalb ich mich mit meinem Gegenüber nicht unterhalten darf ohne gewisse umgangssprachliche Ausdrücke weglassen zu müssen.


Wenn ich von einem Nazi spreche, meine ich einen Anhänger Hitlers, wenn ich von einem Neo-Nazi spreche, meine ich einen der sein Hitlers Gedankengut weiterträgt. Wenn ich in einem Restaurant von einem Morechopf oder Negerkuss rede, will ich das Süssgebäck bestellen und wenn ich meinem Freund in der Fussgängerzone hinterherrufe, der so zum Nachnamen jetzt halt Jud heisst will ich mich höchstwahrscheinlich mit ihm unterhalten.
Ob ich einem Italiener jetzt Italiener oder Tschingg sage ist doch wurscht, Hauptsache man versteht mich! Wenn mein Gegenüber das übrigens nicht tut scheint es eh der falsche Gesprächspartner zu sein.


Es schreibt einem doch auch keiner vor, ob man Anke oder Butter zu sagen hat.


Ich könnte noch stundenlang über dieses Thema schreiben, aber jetzt mach ich Schluss. Wer nämlich bis jetzt nicht versteht was ich meine, dem könnte ich es wahrscheinlich auch in anderen Worten nicht erklären.


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