27.08.2010

Das Leben ist kein Ponyhof, aber Bern hat ne Reitschule

Ja genau. Verkauft die Reitschule an den Meistbietenden. Krallt euch einen Teil der Millionen und bezahlt damit Schulden der Stadt Bern. Am besten zwackt ihr noch was für die nächsten Ständeratswahlen ab. Eine Million dürfte reichen.



Dann bastelt ihr um das ekelhaft versprayte Gebäude eine neue Fassade, damit das Gesindel was sich da jetzt noch rumtreibt nicht mal mehr in die Nähe des Komplexes kommt. Am besten verwendet ihr dafür Glas, Beton und Stahl. Soll ja schön modern und so sein, schliesslich sieht jeder Reisende, der mit dem Zug aus Bern hinein oder hinaus fährt auf diesen Schandfleck der da steht. Die Reithalle würde dann zwar aussehen, wie alles was man in jeder X-Beliebigen Stadt zu Gesicht bekommt, wenn man mit dem Zug einfährt, aber hey – dafür gibt’s modernes Flair!


Bürogebäude wären natürlich ideal, alleine schon vom Standort her. Schön wäre doch auch, wenn die SVP gleich ihren Hauptsitz dort hin zügeln würde. Als Zeichen ihres Triumphes sozusagen. Das fänd ich schon fein. Das ISC könnte man dann auch gleich in eine Parteikantine umwandeln, schliesslich müssen auch SVPler mal irgendwas essen.


Ein überteuertes Sushirestaurants, eine Sprüngli Filiale, ein Spa, ein paar auserwählte Markenläden, eine Kunstgallerie, ein Immobilienmarkler und schon ist das Oberschichtenparadies perfekt.


Das einzige was dann noch an die ursprüngliche Reithalle erinnert ist die Uhr, die nach wie vor auf dem Platz steht.


Nur dass sie ab sofort die exakte Zeit anzeigt.

Das hätte man unserem lieben Herrn Hess mal früher geben sollen.

24.08.2010

Es gibt auch schwarze Schwäne

Es brodelt in der Schweiz, das ist nichts Neues. Dass mich diese ganze Welle, die mehr und mehr von rechts rüber schwappt unglaublich wütend und traurig macht auch nicht.

Das aber Menschen, die mir bis anhin völlig schnuppe waren das Fass zum überlaufen bringen, das ist neu. Diesmal war es Gölä mit seinem Interview im Sonntagsblick.


„Wenn ich nach Bern schaue, muss ich lachen. Doch eigentlich sollte ich weinen. Ich würde praktisch den gesamten Bundesrat auswechseln. Die Schweizer Politiker sind komplett unfähig.“


Wenn ich sowas nur schon höre kriege ich das kalte Kotzen. Muss man euch nochmal in die Schule schicken oder euch die Abstimmungsunterlagen vor dem zu Bett gehen vorlesen? Als Schweizer lebt man in einer direkten Demokratie, gopfertammi! Wer bis jetzt noch nicht verstanden hat, dass man selber den Gang zur Urne leisten muss um in unserer Politik etwas zu verändern, dem gehört das Schweizer Bürgerrecht entzogen. Also echt, da kann ich mich drüber aufregen.
Exgüsi wenn das grad etwas sehr garstig rüberkommt, aber wenn mich etwas auf die Palme bringt, dann Leute die motzen, obwohl sie absolut keine Ahnung haben wovon sie reden!


In der Schweiz bestimmen wir die Politiker selber, wir dürfen mitreden und es hindert einem nichts und niemand ausser vielleicht der eigenen Dummheit und Ignoranz daran, selber in die Politik zu gehen und ganz vorne mitzureden. Und genau dieser Idiotie scheint Gölä nach eigener Aussage verfallen zu sein.


„Ich ging noch nie wählen, somit bin ich ja auch schuldig, wenn sich nichts ändert.“


Dass man sich nach so einer Aussage überhaupt noch traut, das Wort Politik in den Mund zu nehmen macht mich sprachlos. Vor allem, wenn man dann sowas sagt:


„Wenn jemand in mein Haus einbricht und meine Frau und Kinder angreift, dann habe ich das Recht, den zu erschiessen. Denn er hat bei mir nichts zu suchen. Ein anständiger Bürger sollte auch eine Waffe zu Hause haben dürfen.“


Ein anständiger Bürger bleibt also ein anständiger Bürger, wenn er eine Waffe mit dem Hintergedanken hortet, damit mal einen zu erschiessen. Versteh ich das richtig?


„Unsere Gefängnisse gleichen Hotels. Die Sträflinge haben ein bequemes Bett, drei Mahlzeiten und zig TV-Programme, um sich abzulenken. Das schreckt doch keinen ab. Bei schlimmen Verbrechen wie Kindesmissbrauch oder Mord bin ich auch für die Todesstrafe. Mit einer Kuscheljustiz verhindern wir keine Verbrechen.“


Nach der Aussage nehme ich dann wiederum an, dass erschiessen nicht als Mord gilt. Oder meinen sie damit, dass sie die Todesstrafe davon abhalten würde jemanden zu erschiessen, der bei ihnen einbricht?


Aus diversen Statistiken ist übrigens zu entnehmen, dass die Mordrate in den amerikanischen Bundesstaaten wo die Todesstrafe noch praktiziert wird keines Wegs niedriger ist als in den Bundesstaaten ohne. Im Gegenteil!
Natürlich kann man das nicht in einem direkten Bezug zu einander stellen, weil da ziemlich viele Faktoren mitspielen, aber es ist dennoch eine Tatsache, die nicht einfach so ignoriert werden darf.
Ausserdem glaube ich kaum, dass ein Verbrecher sich vor seiner Straftat überlegt „Ui, ich könnte ja die Todesstrafe kriegen. Nah, dann lass ich es lieber sein.“.


Das die Todesstrafe inklusive Prozess und Aufenthalt in der Todeszelle den Steuerzahler schlussendlich mehr kostet als das lebenslängliche hinter Gitter bringen von Verbrechern ist dem lieben Herrn Gölä bestimmt auch nicht bewusst gewesen, aber das würde mich auch nicht weiter verwundern.
Er scheint ja genauso wie die Menschen, die für diese abscheuliche Initiative unterschrieben haben der Meinung zu sein, dass ein Gericht unfehlbar ist. Wie selten es ist, dass man ein Foto von einem Mörder, der gerade auf sein Opfer einsticht vorliegen hat scheint eh egal zu sein. Man kann sich die Welt auch schön reden, indem man Tatsachen ganz einfach ausblendet.


„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“ sagt das Kreuz, dass ihnen Herr Pfeuti um den Hals baumelt. Entweder sollten sie die christlichen Grundsätze nochmal genau anschauen oder das Kreuz in irgendeiner Schublade ganz zuhinterst verstauen.


„Wenn einer am Boden lag, war es Ehrensache, nicht weiter auf ihn einzuschlagen. Heute wird auch auf wehrlose Opfer immer noch eingedrescht. Viele Jugendlichen kennen keine Ehre mehr. Der Respekt vor einem Menschenleben ist verloren gegangen.“


Dass sie lieber Herr Pfeuti in ihrem ganzen Interview diverse Menschenrechte mit Händen und Füssen getreten haben, war ihnen anscheinend nicht bewusst, sonst hätten sie sich eine solche Aussage bestimmt gespart. Sie selber sind das beste Beispiel für die verlorengegangene Ehre vor ihren Mitmenschen.
Das die Vergangenheitsform von eindreschen übrigens eingedroschen heisst will der Klugscheisser in mir jetzt noch sagen, aber das ist Fehler des Journalisten.


Lieber Gölä, lassen sie doch bitte die Finger von der Politik und schwätzen sie lieber über andere Sachen, von denen sie keine Ahnung haben. Am besten in ihren Liedern, die ich mir freiwillig sowieso noch nie angetan habe. Darüber wär ich sehr dankbar. Dann muss ich mich nämlich weniger aufregen.

Aus dir koch ich heut abend einen Geflügelfond. Muahahhaha




QUELLE: http://www.blick.ch/unterhaltung/musik/die-jugend-kennt-keine-ehre-mehr-152766

23.08.2010

Frei Schnauze ist nicht mehr!

Herr Anonym hat mich auf eine Idee gebracht. Wobei Idee das falsche Wort ist, er oder sie hat mich mehr auf ein bisher unausgereiftes, unbeschriebenes Thema in meinem Kopf aufmerksam gemacht.



Ich habe schon mal darüber geschrieben, dass ich kreative Schimpfwörter toll finde. Was ich hingegen nicht so toll finde, ist die „Verschimpfwortung“ oder Tabuisierung von gewissen Wörtern.


Das Phänomen ist nicht neu. Irgendwas wird zu Anfangszeiten als `Hürx` bezeichnet und nur wenige Leute benutzen das Wort in einem ganz bestimmten Kontext. Dann benutzen immer mehr und mehr Leute dieses Wort, worauf es meistens seine detaillierte Bedeutung eigentlich verliert. Das Wort wird sozusagen verallgemeinert.
Ein paar Jahre später kommen dann irgendwelche Ethnologen oder Sprachwissenschaftler und deuten mit ihrem ausgestreckten Zeigefinger auf die „wahre Herkunft“ des Wortes. Das Resultat davon ist dann meist die Verbietung oder Neuschaffung des Wortes.


Es kann natürlich auch passieren, dass ein harmloses Wort mit irgendwelchen Ereignissen in Verbindung gebracht wird oder es von grösseren Gruppierungen in einem neuen Kontext genutzt wird und man es deshalb nicht mehr sagen mag.
Wenn ich jetzt weiter darüber nachdenken würde, täten mir bestimmt noch mehr Gründe einfallen, weshalb man bestimmte Dinge nicht mehr sagen darf, aber ich will mich nicht in irgendwelche Wissenschaftliche Theorien stürzen.


Dass mit diesem ganzen Verbieten und Tabuisieren von Ausdrücken das eigentliche Problem nicht gelöst, sondern nur verschoben und verdrängt wird ist eine ganz andere Geschichte.


Ich persönlich finds einfach nur doof, wenn gewisse Worte diskriminiert, ja geradezu beschimpft werden. Worte haben auch ein Existenzrecht! Je grösser unser Wortschatz ist, desto besser können wir uns ausdrücken und mir als bekennender Wortfan tut es in der Seele weh, wenn man beim Sprechen oder Schreiben immer aufpassen muss, welche Worte man wählt.


Wenn ich einen Schwarzen beschimpfen will, bezeichne ich ihn als „verdammts huere Arschloch“ und nicht als Neger.
Wenn ich mich mit einem Inuit um einen weggefangenen Fisch streiten will, würde ich ihm zwar ordentlich die Meinung geigen, aber wohl kaum auf die Idee kommen ihn als „schiss Eskimo“ zu bezeichnen.
Was der Unterschied zwischen einem Roma und einem Zigeuner ist, weiss ich schon gar nicht, was die Benutzung als Schimpfwort gegenüber der Gruppierung sowieso unmöglich macht.


Ich könnte doch auch all die Politiker, mit derer Meinung ich nix anfangen kann in einen Topf schmeissen und sie als Pröppels bezeichnen und kein Mensch würde auf die Idee kommen mir das Wort zu verbieten. Bis zu dem Tag, an dem es alle benutzen und die Politiker am Rednerpult mit Steinen auf denen Pröppel steht beworfen werden.


Versteht ihr worauf ich hinaus will?


Ich möchte die Dinge doch nur gerne so bezeichnen, wie ich sie sehe. Ein Starkpigmentierter ist in meinen Augen halt schwarz und das Wort Neger leitet sich von nichts anderem ab, als vom lateinischen niger, was nun mal so viel wie schwarz bedeutet. Wenn es schon extra ein Wort für diese Gattung von Mensch gibt, wieso soll man es nicht benutzen? Wieso ein bescheuertes, ausgedeutschtes und vor allem verklemmtes Wort dafür einsetzen, wo dann doch jeder für sich „Ah sie meint Neger“ denkt?


Ich kenne die Gründe für die meisten Wortverbote noch nicht mal, weshalb werde ich dann mit dem laut aussprechen von ebendiesen beschuldigt jemanden oder etwas beleidigt zu haben?
Und mal ganz ehrlich, kennt und versteht ihr all die Gründe, weshalb man ein Wort jetzt sagt oder nicht? Nennt mir einen Grund, weshalb ich mich mit meinem Gegenüber nicht unterhalten darf ohne gewisse umgangssprachliche Ausdrücke weglassen zu müssen.


Wenn ich von einem Nazi spreche, meine ich einen Anhänger Hitlers, wenn ich von einem Neo-Nazi spreche, meine ich einen der sein Hitlers Gedankengut weiterträgt. Wenn ich in einem Restaurant von einem Morechopf oder Negerkuss rede, will ich das Süssgebäck bestellen und wenn ich meinem Freund in der Fussgängerzone hinterherrufe, der so zum Nachnamen jetzt halt Jud heisst will ich mich höchstwahrscheinlich mit ihm unterhalten.
Ob ich einem Italiener jetzt Italiener oder Tschingg sage ist doch wurscht, Hauptsache man versteht mich! Wenn mein Gegenüber das übrigens nicht tut scheint es eh der falsche Gesprächspartner zu sein.


Es schreibt einem doch auch keiner vor, ob man Anke oder Butter zu sagen hat.


Ich könnte noch stundenlang über dieses Thema schreiben, aber jetzt mach ich Schluss. Wer nämlich bis jetzt nicht versteht was ich meine, dem könnte ich es wahrscheinlich auch in anderen Worten nicht erklären.


13.08.2010

Weihnachtswunsch

Zu Weihnachten wünsch ich mir dieses Jahr einen Spritzbeutel gefüllt mit Kindermilchschnittenfüllung.
Man kann nie früh genug damit anfangen seine Wünsche aufzuschreiben.


12.08.2010

Me no like sport

Ich hab mal wieder einen Text aus den Tiefen des Datenuniversums ausgegraben und ihn fertig geschrieben. Mit den unausgereiften Ideen und nie fertig geschriebenen Texten könnte ich euch wahrscheinlich ein ganzes Jahr beschäftigen. Deshalb fang ich jetzt mal an aufzuräumen und Dinge zu Ende zu bringen. Ich weiss zwar das Datum dieses Textes nicht mehr, aber es wird wohl irgendwann zur Olympiade gewesen sein.

Lieber Text, du darfst jetzt leben und gelesen werden.


Bin ich eigentlich die einzige, der die Olümpiade gehörig auf die Eier geht? Ich weiss, ich hab schon mal drüber geschrieben, wie sehr ich Manien verachte aber hier geht es um was völlig anderes. Es geht um meine generelle Abneigung gegen Sport.


Wobei generelle Abneigung so auch nicht ganz stimmt. Ich hasse Sport immer dann, wenn ich gezwungen werde ihn auszuüben oder wenn ich gezwungen werde, ihn mir anzuschauen. Alles zwischendrin find ich glaub super.


Gerade gestern ist mir eine Szene aus der Schule eingefallen, die meine Abneigung gegen den Schulsport besonders hervorhebt.
Sporttag war immer der Tag, den ich nur aus dem Grund über mich ergehen liess, dass wir dann keine Schule hatten und weil man zwischen den Disziplinen mit seinen Freunden rumhocken und schwatzen konnte. Ansonsten war dieser Tag die reinste Qual für mich. Schlimmer noch war nur der Tag, an dem die Rangliste publiziert wurde und für die nächsten sieben Wochen für Jedermann ersichtlich in unserem Schulhaus herum hing.

Ich war nur deshalb nie allerletzte, weil wir ein Mädel im Schulhaus hatten, dass circa 75Kilo schwerer als alle anderen war.
Dass ich am Sporttag das Gespött der halben Schule war brauche ich hier wohl kaum zu erwähnen. Ich glaube ich hätte diese Zeit nicht überlebt, wenn ich nicht schon von Natur aus so unglaublich cool wäre.


Diese eine Szene nun, die mir bei Leichtathletik bis heute sauer aufstossen lässt hat sich beim Weitsprung ereignet. Meine Patentante, die zufälligerweise Englischlehrerin an unserer Schule war musste an dem Tag die Sprungweite messen und zwischendurch den Sand rechen.


Als ich dann endlich zwei meiner drei Versuche hinter mir hatte und über die 30cm Marke wahrscheinlich nicht hinausgesprungen bin, meinte meine Patentante zu mir:“Ach Simone, jetzt gib der doch mol echli Müeh!“
Ich hätte ihr am liebsten das scheiss Massband um den Hals gewickelt und richtig zugezogen, so wütend war ich.


Ich kann nun mal nichts dafür, dass sämtliche Gelenke beim Sport schmerzen und immer mal wieder den Geist aufgeben, ich kann nichts dafür, dass meine Beine nach der Geburt mit denen eines Elefanten vertauscht worden sind und ich nur mich nur trampelnd fortbewegen kann und ich kann auch nichts dafür, dass meine Schultern nicht zulassen irgendwas besonders weit zu werfen. Ausserdem kann ich nur bedingt was dafür, dass ich mit dem ganzen Ballgedöns nix anfangen kann, weil ich als Kind lieber auf Bäume geklettert bin als mich mit runden Dingern abzugeben.


Ich kann nix dafür, dass mich Sport schlicht und ergreifend nicht interessiert und ich die Ambition, besser als andere zu sein niemals gespürt habe.
Ich kann es einfach nicht! Versteht es doch, ich bin nicht für eure Normsportarten gebaut, was aber nicht heisst, dass ich mich nicht wenigstens ein bisschen anstrenge um nicht jedes Jahr vorletzte zu sein!
Also komm du Schnepfe nicht und sage mir, ich solle mir Mühe geben!


Ich eigne mich besser als Witzfigur, die auf dem Ball ausrutscht, über ihre eigenen Füsse stolpert oder mit dem Veloreifen in irgendwelchen Regenrinnen stecken bleibt.
Ist es wirklich verwunderlich, dass ich für Sportarten die ich selber nicht im Geringsten beherrsche und sie mit demütigenden Momenten verbinde keinerlei Sympathie empfinde?
Lasst mich also bitte mit eurer Olümpiade in Ruhe und verschont mich mit EM- WM und sonstigem Fussballgelump. Wenn ich mir was ankucken will, dann geh ich da live hin, damit ich wenigstens etwas kann, was die Sportler nicht können.


Bier trinken, rauchen und rumgrölen.

11.08.2010

Hallo sie – ich wott da usstige!

Zugfahren find ich toll. Selbst wenn ich mich dabei verfahre. Soll halt gefälligst mal jemand ein Navi für Züge basteln und mir schenken! Ah und – vergesst es, iPhones gelten nicht! Auf Schienen durch die Welt zu rattern macht Spass, macht traurig, bringt einem auf Ideen und vor allem an unbekannte Orte.


Dementsprechend ist es gar nicht so abwegig, wenn mir momentan der Vergleich vom Leben mit einer Zugfahrt einfällt. Man sitzt in seinem eigenen Abteil, das man so gestalten kann wie man will. Man kann Bilder von Beat Schlatter übers WC hängen, kann selbstgehäkelte Teekannenwärmer als Fussheizung benutzen und die Tapetenfarbe selber wählen. Es kann zwar passieren, dass die Heizung im Winter mal ausfällt oder der Backofen nicht anspringt, aber im Grossen und Ganzen hat man das Leben in seinem Waggon im Griff.


Wo es hingeht hingegen kann man kaum bestimmen. Manchmal geht’s auf den Güterbahnhof, wo weitere Waggons angehängt werden. Man trifft die Leute aus diesen Abteilen bei den Streifzügen durch die Gänge. Zu manchen entwickelt man Freundschaft und Zuneigung, während man andere überhaupt nicht ausstehen kann.
Solange der Waggon dieser Person jedoch an der eigenen Lok hängt wird man diese immer wieder sehn, bis wieder umrangiert wird und das mittlerweile vertraute Gesicht von jetzt auf gleich von der Bildfläche verschwindet.
Manchmal merkt man erst gar nicht, dass wieder umrangiert wurde, bis man auf dem Weg zu einem Freund seine Abteiltür nicht mehr findet.


Man kann ans hinterste Ende des Zuges gehen und dabei Gefahr laufen, das eigene Abteil nie mehr wieder zu erreichen, aber aussteigen kann man nicht. Es gibt Waggons, die überhaupt nie abgehängt werden, oder wenn dann nur für kurze Zeit um später an einer anderen Stelle des Zuges wieder aufzutauchen.


Es kann sein, dass man mit einem Menschen ein Wochenende bei Wein und Rosinen in seinem Waggon verbringt um einen Tag später feststellen zu müssen, dass der Wagen über Nach abgehängt worden ist. Man kann zwar hoffen, dass das Abteil irgendwann wieder in seinem Zug auftaucht, aber sicher sein kann man sich nie.
Wir haben bei der Zusammenstellung unseres Zuges genau so wenig Einfluss wie bei der Richtung. Wir können dem Lokführer zwar ein Zettel unter der Tür hindurch schieben, auf dem steht wo wir gerne hin würden, aber ob er sich an den genauen Kurs hält oder überhaupt erst darauf eingeht ist fraglich.


Manchmal fährt der Zug tagelang die gleiche Strecke hin und her oder bleibt an einer Blockade stehen. Wir können aus dem Fenster sehen, die Bäume durch das offene Fenster berühren, aber wir können nichts mitnehmen, genauso wenig wie wir zu den Leuten, die in einem anderen Zug an uns vorbeirauschen Kontakt aufnehmen können.
Zwischendurch kommt es zwar vor, dass zwei Züge genau nebeneinander anhalten und man sich durchs Fenster hindurch unterhalten kann – um die Menschen aber zu berühren muss man darauf hoffen, dass sie bald dem eigenen Zug angehören werden.


Oft habe ich übelst Lust, den Maschinenraum zu sabotieren, um die Lok zum stehen oder wenigstens zur verlangsamten Fahrt zu zwingen, aber es funktioniert nicht. Das Gespann fährt unbeirrt weiter um Morgen wieder Situationen und Menschen aus meiner Reichweite zu reissen und andere hinein zu pflastern.

Deshalb frag ich hier einfach alle mal: Magst du ein bisschen Zeit mit mir verbringen, bevor es für dich wieder in eine andere Richtung geht?


Stuttfart?